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Libyen

Libyen: Ärzte ohne Grenzen nimmt Arbeit in Internierungslagern wieder auf

Tripolis/Berlin, 30. September 2021. Fast drei Monate nach Aussetzung der medizinischen Hilfe aufgrund mehrerer besorgniserregender Vorkommnisse hat Ärzte ohne Grenzen die Arbeit in zwei Internierungslagern im libyschen Tripolis wiederaufgenommen. Dadurch soll die lebenswichtige medizinische Versorgung der dort festgehaltenen Migrant*innen und Geflüchteten wieder sichergestellt werden. Darüber hinaus hat Ärzte ohne Grenzen auch die Arbeit in einem dritten Internierungslager wiederaufgenommen, zu dem die Organisation zuletzt keinen Zugang hatte.

Die Entwicklung geht auf jüngste Gespräche zwischen Ärzte ohne Grenzen und der libyschen Direktion zur Bekämpfung illegaler Migration (DCIM) zurück. In diesen wurde Ärzte ohne Grenzen zugesichert, dass bestimmte Grundvoraussetzungen in den Haftanstalten erfüllt werden, sodass Ärzte ohne Grenzen die Hilfe in Einklang mit der medizinischen Ethik und den humanitären Grundsätzen wiederaufnehmen kann. 

Unter anderem wurde zugesichert, dass die Gewaltanwendung gegen inhaftierte Menschen verhindert werden soll und die Sicherheit der Teams von Ärzte ohne Grenzen gewährleistet wird. Zudem wurde der ungehinderte und dauerhafte Zugang des medizinischen Personals zu den Internierungslagern in Aussicht gestellt sowie der ungehinderte Zugang der internierten Menschen zur medizinischen Hilfe, die Ärzte ohne Grenzen anbietet.

In den vergangenen zwei Wochen besuchten mobile Teams von Ärzte ohne Grenzen bereits die Internierungslager Al-Mabani (Ghout al-Sha'al), Abu Salim und Shara Zawiya in Tripolis. Die Teams konnten die dringend benötigte medizinische Versorgung, einschließlich psychologischer Hilfe, für die inhaftierten Männer, Frauen und Kinder bereitstellen, die andernfalls nur minimalen Zugang zu Gesundheitsversorgung hätten.

In dieser ersten Woche untersuchten und behandelten Mitarbeitende von Ärzte ohne Grenzen insgesamt mehr als 400 Patient*innen. Unter ihnen befanden sich 30 Kinder unter 15 Jahren, die vor allem an Hautkrankheiten, Magen-Darm-Erkrankungen und Infektionen der oberen Atemwege litten – Erkrankungen, die auf die schlechten Bedingungen in den Gefängnissen zurückzuführen sind. Dem medizinischen Team gelang es darüber hinaus, 28 Patient*innen zur dringenden medizinischen Versorgung in von Ärzte ohne Grenzen unterstützte Kliniken zu überweisen.  

Ärzte ohne Grenzen begrüßt die Zusicherungen der libyschen Behörden, Bedenken auszuräumen, die im vergangenen Juni eine Aussetzung der Aktivitäten notwendig gemacht hatten. Hierdurch sieht sich Ärzte ohne Grenzen nun wieder in der Lage versetzt, die Menschen in den Internierungslagern medizinisch zu versorgen. Die nachdrückliche Forderung nach einem Ende des Systems der willkürlichen und unbefristeten Internierungen in Libyen besteht ungeachtet fort.

Ärzte ohne Grenzen fordert weiter die Schließung der Internierungslager, die Freilassung aller dort festgehaltenen Menschen und die Bereitstellung angemessener humanitärer Hilfe und Schutzleistungen nach ihrer Freilassung.

Ärzte ohne Grenzen arbeitet seit 2016 in Internierungslagern in Libyen und versorgt die Menschen mit einer medizinischen Grundversorgung und psychosozialer Unterstützung. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen identifizieren auch besonders gefährdete Menschen und überweisen Patient*innen, die eine Spezialbehandlung benötigen, an Krankenhäuser in ganz Libyen. 

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Unser Pressereferent Holger Vieth
Holger Vieth
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