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Syrien

Drohende Schließung von Grenzübergängen für humanitäre Hilfe gefährdet Versorgung von Millionen Menschen

Amman/Berlin, 18. Juni 2021. Ärzte ohne Grenzen fordert den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, massive Versorgungsengpässe für die Menschen im Nordwesten Syriens abzuwenden. Hierzu muss die am 10. Juli 2021 auslaufende Resolution (UNSCR 2533) über grenzüberschreitende humanitäre Hilfe im Nordwesten Syriens verlängert werden. Rund vier Millionen Menschen, die in diesem Gebiet leben, könnten anderenfalls den Zugang zu dringend benötigter humanitärer und medizinischer Hilfe verlieren. Mehr als die Hälfte der Menschen in Nordwestsyrien sind intern Vertriebene.

Von Juli 2014 bis Anfang 2020 ermöglichte die Resolution des UN-Sicherheitsrats die Bereitstellung humanitärer Hilfe nach Syrien über vier Grenzübergänge. Sie wurde jährlich vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen überprüft und erneuert, um humanitäre Hilfe in Gebieten aufrechtzuerhalten, die nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung stehen. In den Jahren 2019 und 2020 legten Russland und China ihr Veto gegen die Verlängerung der Resolution ein, die die zuvor vereinbarten Grenzübergänge umfasste und strichen drei hiervon von der Liste. Daher verbleibt derzeit nur der Grenzübergang Bab al-Hawa in der aktuellen Resolution als formaler humanitärer Grenzübergang nach Syrien. Wenn im kommenden Monat über die Resolution abgestimmt wird, könnte dieser letzte Zugangsweg nach Syrien geschlossen werden.

„Nach einem Jahrzehnt des Krieges ist eine Neuauflage der Resolution des UN-Sicherheitsrates nötiger als je zuvor“, betont Faisal Omar, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Syrien. „Die Leben von Millionen Menschen, die meisten von ihnen sind Frauen und Kinder, hängen von ihr ab. Unsere Teams werden die negativen Auswirkungen einer Schließung der Grenzen sicherlich sofort spüren und nicht in der Lage sein, die Lücke zu füllen, wenn UN- und andere Organisationen ihre Hilfe im Nordwesten Syriens stark reduzieren.“ Dies gelte trotz der Tatsache, dass Ärzte ohne Grenzen kein direkter Partner der UN sei und sich nicht allein auf die Resolution des UN-Sicherheitsrat verlasse, um Projekte in der Region umzusetzen.

Den meisten Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen würde die notwendige medizinische Ausrüstung fehlen, und es bestünde Lebensgefahr für die Patientinnen und Patienten. Außerdem könnte die Hilfe bei der Bekämpfung von Covid-19 und die Impfkampagne in der Region aufgrund der Schließung des letzten verbleibenden Grenzübergangs gefährdet werden. Es würde problematisch werden, Schutzausrüstungen, Sauerstoffflaschen, Atemschutzmasken, wichtige Medikamente und Covid-19-Impfstoffe zu liefern.

Zuletzt hatten sich die Lebensbedingungen in Syrien weiter verschlechtert. Nach Angaben der UN-Organisationen sind etwa die Preise für ein Lebensmittelpaket um mehr als 220 Prozent gestiegen. 80 Prozent der Bevölkerung leben weiterhin unterhalb der Armutsgrenze und 90 Prozent der Kinder sind inzwischen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.

Hintergrundinformationen

In den vergangenen zehn Jahren des Konflikts hat sich Ärzte ohne Grenzen immer wieder an die sich verändernden Gegebenheiten in und um Syrien angepasst, um dem wachsenden humanitären und medizinischen Bedarf im Land gerecht zu werden.

Ärzte ohne Grenzen unterstützt derzeit 8 Krankenhäuser im Nordwesten Syriens, 12 Gesundheitszentren und 5 Ambulanzen für Überweisungen. Darüber hinaus unterstützt Ärzte ohne Grenzen 14 mobile Kliniken, die in mehr als 80 Lagern für intern Vertriebene medizinische Hilfe leisten. Die Teams stellen auch Trinkwasser, Sanitäreinrichtungen und Hygieneartikel bereit.

In jüngster Zeit hat Ärzte ohne Grenzen auch Gesundheitseinrichtungen bei der Bekämpfung von COVID-19 unterstützt, nachdem die Fallzahlen gestiegen waren. Im vergangenen Jahr wurden sechs COVID-19-Isolations- und Behandlungszentren in Nordsyrien eröffnet und Schnelldiagnosetests mithilfe mobile Kliniken angeboten. Ärzte ohne Grenzen arbeitet außerdem in seinen Gesundheitseinrichtungen im Nordwesten des Landes mit Impfteams der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammen.
 

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Unsere Pressereferetin Christiane Winje
Christiane Winje
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